Zu Fuß gut erreichbar? Studie untersucht Qualität der Nahversorgung
Die Erreichbarkeit von Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs weist ein starkes Stadt-Land-Gefälle auf. Während in dicht besiedelten Gebieten die Einrichtungen in der Regel gut erreichbar sind, nehmen die Distanzen in dünner besiedelten Gebieten zum Teil stark zu.
Die Wissenschaftler haben fünf Infrastrukturangebote untersucht, um Rückschlüsse auf die Qualität der Nahversorgung zu erlangen: Grundschulen, Hausärzte, Apotheken, Supermärkte/Discounter sowie Haltestellen für den Öffentlichen Verkehr. Als Schwellenwert für die fußläufige Entfernung wurde eine Luftliniendistanz von 1000m gewählt. Bei kurzen Entfernungen ist die Luftliniendistanz meist mit der realen Wegelänge vergleichbar. Grundlage der Analyse waren Adressdaten kommerzieller und öffentlicher Anbieter, die mit Hilfe eines Geo-Informationssystems (GIS) in Standortdaten umgewandelt wurden. Auf Basis dieser Daten konnten die Wissenschaftler dann die Luftliniendistanzen ermitteln.
In den Großstädten beträgt für über 90% der Bewohner die durchschnittliche Distanz zu den Angeboten deutlich unter 1000m (Supermarkt/Discounter 490m, Hausarzt 440m, Apotheke 530 m, Grundschule 590m, ÖV-Haltestelle 360m). In kleineren Städten und Landgemeinden ist die fußläufige Erreichbarkeit aller Angebote hingegen die Ausnahme. Knapp ein Drittel der Einwohner von Landgemeinden hat keines der betrachteten Infrastrukturangebote in einer Entfernung von maximal einem Kilometer. Mit abnehmender Größe und Zentralität der Städte und Gemeinden wachsen die Distanzen.
Besonders in den Landgemeinden tun sich deutliche Unterschiede zwischen Ost und West auf. So haben Einwohner in ostdeutschen Landgemeinden mit durchschnittlich 3,3km eine fast einen Kilometer längere Entfernung zum nächsten Supermarkt oder Discounter als die Bewohner westdeutscher Landgemeinden (2,4km). Dieses Muster findet sich für alle betrachteten Infrastrukturangebote. Die Erreichbarkeit von Einrichtungen, die einer steuernden Bedarfsplanung unterliegen, ist in der Fläche erkennbar günstiger. Dies wird anhand der Distanzwerte zu ÖV-Haltestellen, Grundschulen und Hausärzten im Vergleich zu Apotheken und Supermärkten/Discountern sichtbar.
Die analysierten Angebotsarten sind nur ein Teil der Angebote, die zur Grundversorgung gehören. Gleichwohl lassen sich so Hinweise auf das regionale Niveau der Nahversorgung gewinnen. Angesichts des demografischen Wandels ist eine mangelhafte Nahversorgung für weniger mobile Menschen zunehmend problematisch. Ein besonderes Augenmerk gilt deshalb Gebieten mit hohem oder steigendem Anteil an Ein-Personen-Haushalten und einer alternder Bevölkerung, aber auch Siedlungen am Rande der großen Städte.
Die Studie ist als BBSR-Analysen KOMPAKT 10/2015 erschienen. Interessierte können die Publikation kostenfrei im BBSR anfordern (gabriele.bohm@bbr.bund.de).
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Quelle und Kontakt:
Markus Burgdorf
Referat I 6 – Stadt-, Umwelt- und Raumbeobachtung
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